Diskussion über Philippsee im Gemeinderat
Die aktuelle Situation und die mögliche künftige Entwicklung am Philippsee beschäftigte den Gemeinderat in seiner Sitzung am 4. Juli 2022. Trotz eines Badeverbotes wurde der Baggersee seit mehr als 30 Jahren faktisch als Badesee genutzt. Das Verbot wurde nicht aktiv kontrolliert und Verstöße nicht geahndet. Die Gemeinde führte im Uferbereich Mäharbeiten durch und leerte die Abfallbehälter. „Nach einem Hinweis des Badischen Gemeinde-Versicherungs-Verbands (BGV) auf die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde und die jüngste Rechtsprechung zu dieser Thematik wurden diese Maßnahmen im Jahr 2020 eingestellt“, erläuterte Hauptamtsleiterin Irma Drakul im Ratsgremium. In Teilen der Bevölkerung sowie des Gemeinderats bestehe jedoch weiterhin der Wunsch, eine zulässige und sichere öffentliche Nutzung als Badesee zu ermöglichen. Um Rechtssicherheit zu erlangen, wie der Philippsee in einem Teilbereich zum öffentlichen Baden genutzt werden kann, wurde die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen GmbH mit einer gutachterlichen Bewertung beauftragt. Dabei sollte untersucht werden, welche Varianten beim Betrieb des Badesees möglich sind und unter welchen Kriterien das Einhalten der Verkehrssicherungs- und Aufsichtspflicht gewährleistet ist. Zur Vorbereitung fand eine Vor-Ort-Begehung mit Vertretern der Gemeindeverwaltung statt, bei der die örtlichen Gegebenheiten in Augenschein genommen und Fragen nach einem Fragenkatalog erläutert wurden. „Das Gutachten stellt fest, dass aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und der organisatorischen und finanziellen Anforderungen die Einrichtung einer sogenannten Badestelle grundsätzlich in Frage kommen könnte“, so Irma Drakul. Eine Badestelle sei eine jederzeit frei zugängliche Wasserfläche eines Badegewässers, deren Nutzung gestattet oder nicht untersagt ist, in der üblicherweise eine große Zahl von Personen badet, in der Sprungeinrichtungen, Badestege, Wasserrutschen und andere bädertypische Anlagen im Wasser nicht vorhanden sind. Die Einrichtung eines Naturbads hingegen komme dagegen insbesondere wegen der fehlenden Eingrenzung, des Mangels an bädertypischen Anlagen sowie der Anforderungen an den Einsatz qualifizierten Personals nicht in Betracht. Wichtig sei, dass auch bei der Einrichtung einer Badestelle die Gemeinde Graben-Neudorf als Eigentümerin die Verkehrssicherungspflicht bezüglich des Badegewässers trage und bei deren Verletzung hafte. Die Verkehrssicherungspflicht könne bei Badestellen Maßnahmen wie Vorbereitungsarbeiten für die Badesaison, Kontrollen durch Taucher, die Einrichtung sicherer Land- und Wasserflächen, die Einrichtung von Zugangswegen, die regelmäßige Kontrolle der Land- und Wasserflächen einschließlich der Zugangswege, die Überprüfung von Gefahrenstellen während der Badesaison, die Bereitstellung von Badeinformationen für die Nutzer und Hinweisschilder, die Überprüfung der Standorte von Wasserrettungstürmen und deren Sichtverhältnisse, die Wartung und Pflege der Rettungsgeräte und ggf. eines Rettungsbootes und die Herstellung der Einsatzbereitschaft von Sicherheitskräften umfassen. Insbesondere sei ein Beschilderungskonzept erforderlich, welches die Beschilderung durch DIN-gerechte Schilder festgelegt, die die Informationen und Hinweise durch Texte und Piktogramme beinhalten. „Nach der herrschenden Rechtsprechung ist es jedoch allgemein anerkannt, dass das Aufstellen von Schildern die Haftung der Gemeinde an einer Badestelle nicht ausschließt, sondern allenfalls abmindert, sodass Haftungsquoten von 10 % bis 20 % oder höher beim Verkehrssicherungspflichtigen, also der Gemeinde verbleiben“, gab Hauptamtsleiterin Irma Drakul zu bedenken. Zudem müsse vor Beginn der Badesaison und in Abhängigkeit von den Wetterverhältnissen während der Badesaison, die Badestelle durch die Gemeinde nach Gefahrenquellen überprüft werden. Während der Badesaison seien darüber hinaus tägliche Kontrollgänge und Pflege- und Unterhaltungsarbeiten erforderlich.
„Vor dem Hintergrund des enormen Aufwands sollte auf die Einrichtung einer Badestelle am Philippsee verzichtet werden“, fasste Bürgermeister Christian Eheim die Haltung der Gemeindeverwaltung zusammen. Zustimmung dafür gab es von Thomas Blau (SPD), der darauf hinwies, dass bereits jetzt durch die bestehende illegale Nutzung des Sees eine starke Vermüllung der Uferbereiche auftrete. Auch würden Rettungswege und die Werkszufahrt zum Kieswerk an Wochenenden regelmäßig durch rechtswidrig abgestellte Fahrzeuge von „Badegästen“ versperrt.
Armin Gabler (GRÜNE) pflichtete ebenfalls den vorgetragenen Argumenten der Gemeindeverwaltung bei und betonte, dass es im nahen Umkreis zahlreiche bestehende Badeseen gebe. Katja Buchleither (SPD) und André Mayer (CDU) gaben zu bedenken, dass noch weiterer Beratungsbedarf vor einer Entscheidung bestehe. Das vorgelegte Gutachten sei nicht umfassend genug, so der Tenor. Einstimmig beschloss das Ratsgremium daraufhin, das Thema erneut im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates zu behandeln.