Regierungspräsidium lieferte geforderte Unterlagen zu Geothermie-Projekt
In einer Sondersitzung befasste sich der Gemeinderat am 23. August 2021 mit dem geplanten Geothermiekraftwerk der Deutschen Erdwärme GmbH in Graben-Neudorf.
Vorausgegangen war eine mehrwöchige Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde und dem für die Genehmigung des Projekts zuständigen Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau im Regierungspräsidium Freiburg. Dieses hatte am 30. Juli 2021 die Herrichtung des Bohrplatzes und die Durchführung der für das Projekt notwendigen ersten Bohrung genehmigt.
Bürgermeister Christian Eheim hatte den Zulassungsbescheid der Behörde als unzureichend kritisiert. Insbesondere sei nicht ersichtlich, wie das Landesamt die vom Investor vorgelegte Erdbebengefährdungsstudie überprüft habe. Sollten entsprechende Unterlagen nicht nachgereicht werden, so sei die Gemeinde auch ein Gang vor das Verwaltungsgericht gegen den Zulassungsbescheid nicht mehr ausgeschlossen.
In der Sitzung des Gemeinderates konnte Bürgermeister Christian Eheim berichten, dass das Regierungspräsidium nunmehr die geforderten Unterlagen geliefert habe. Der Gemeinde sei eine wissenschaftliche Stellungnahme des Landesforschungszentrums Geothermie übergeben worden. Das Landesforschungszentrum ist am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) angesiedelt.
"Unsere Forderung nach weiteren Aussagen zur Erdbebengefährdung hat das Regierungspräsidium erfüllt", erläuterte Bürgermeister Christian Eheim. Die Gemeinde habe starken Druck ausgeübt, weil die zuständigen Genehmigungsbehörden "alles Menschenmögliche tun müssen, um eine Gefährdung durch das Geothermieprojekt auszuschließen." Der Bürgermeister verwies auf die Stellungnahme des Gemeinderates vom Oktober 2020, in dem das Ratsgremium der Haltung der Gemeinde zum Geothermieprojekt festgelegt hatte: "Mit der Nutzung der tiefen Geothermie sind Chancen und Risiken verbunden. Die Gemeinde Graben-Neudorf fordert von den zuständigen Genehmigungsbehörden, die Risiken des Vorhabens zu minimieren und strebt an, im Falle einer Realisierung des Vorhabens die Chancen der Geothermie für die Bürgerinnen und Bürger nutzbar zu machen." Zur Nutzbarmachung der Chancen zähle vor allem der mögliche Aufbau eines Nahwärmenetzes. Das von der Gemeinde beauftragte Konzept soll bis Ende des Jahres vorliegen.
Auf den begrenzten Handlungsspielraum der Gemeinde im Zulassungsverfahren für das Geothermieprojekt ging Rechtsanwalt Dr. Thorsten Gerhard ein.: "Die Gemeinde hat im Bergrecht keine eigenen Einflussmöglichkeiten. Uns ist auch kein Fall bekannt, bei dem eine Gemeinde die Zulassung eines Hauptbetriebsplans für Geothermie vor Gericht zu Fall gebracht hat."
Der stellvertretende Direktor des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Dr. Axel Brasse, antwortete auf zahlreiche Fragen der anwesenden Bürgerinnen und Bürger und der Mitglieder des Gemeinderates. Die nun durch das Landesamt genehmigte erste Tiefenbohrung sei technisch mit der Erdölbohrung vergleichbar, die 2015 in Graben-Neudorf vorgenommen wurde: "Es gibt keine Hinweise, dass durch diese Bohrung eine Gefährdung ausgehen wird. Während der Bohrung werden die Prognosen des Gutachters mit den realen während der Bohrung ermittelten Daten abgeglichen. Die erhobenen Daten, zu denen auch die Befunde der seismischen Überwachung gehören, werden täglich veröffentlicht."
CDU-Fraktionsvorsitzender André Mayer betonte, dass das Projekt "nicht nur schwarz oder weiß" sei und seine Fraktion weiterhin geschlossen hinter der Stellungnahme des Gemeinderates vom Oktober 2020 stehe.
"Die SPD-Fraktion begrüßt sehr, dass eine erneute Bürgerinformationsveranstaltung stattfinden soll. Auf dem Weg zur CO2-Neutralität braucht es auch Geothermie. Dabei müssen die Menschen aber mitgenommen und informiert werden", erklärte Thomas Blau (SPD).
Fraktionssprecher Armin Gabler (GRÜNE) bezeichnete das Bergrecht als "dringend reformbedürftig": "Es handelt sich um ein kompliziertes Vorhaben, das eben gerade nicht nur durch einen Verwaltungsakt genehmigt werden sollte."
Einstimmig billigte der Gemeinderat nach eingehender Debatte die von Bürgermeister Eheim eingebrachte Beschlussvorlage, die die Nachlieferung der geforderten Unterlagen durch das Regierungspräsidium begrüßt. Zudem soll am 16. September 2021 eine Bürgerinformationsveranstaltung durchgeführt werden. Die Gemeinde, so der Beschluss des Gemeinderates, wolle das Geothermieprojekt auch weiterhin "konstruktiv-kritisch" begleiten.